Küchenchef Ricky Saward vom Restaurant "Seven Swans" steht für eine konsequente pflanzenbasierte Küche mit ausschließlich saisonalen Produkten aus der Region. Die Möhre hat einen festen Platz in seinen Menus.

Welche Rolle spielt Gemüse und speziell die Möhre in eurem Restaurant?
Solange wir Erntesaison haben, ist die Möhre eigentlich in jedem Menü zu finden. Nach der Ernte wechsle ich zu Petersilienwurzel oder Pastinake. Allerdings haben beide nicht diese Spritzigkeit und Frische, die die Karotte hat. Da wir zudem den Ansatz „Von Blatt bis Wurzel“ verfolgen, verwenden wir natürlich auch das Möhrenkraut. Nicht unbedingt immer zusammen mit dem Karottengang selbst, aber wir machen zum Beispiel eine eigene Emulsion, ein Öl und Kräutersalz daraus. Oder wir ziehen das Kraut wie Spinat durch die Pfanne und löschen es ein bisschen mit Säure ab. Dazu ein wenig Salz. Das schmeckt großartig.
Was geht gut, was geht überhaupt nicht mit Karotte?
Ich bin ein Freund davon, die Karotte in ihrer ganzen Form zu lassen und zu verarbeiten: entweder zum Beispiel mit Röstaromen durch Grillen oder mit Säure beim Fermentieren. Aber nur als Creme, das wird gleich zu süß, dann würde ich sie eher direkt ins Dessert packen. Ich habe schon viel herumexperimentiert. Das Verrückteste war bisher, die Möhre mit einem Koji-Pilz zu infusionieren. Dann befällt der Pilz sie von außen und umhüllt die Möhre mit einem weißen Film, ähnlich wie bei einem Camembert. Ich finde das sehr köstlich, aber für die Karte im Restaurant ist das zu gewagt.
Was ist deine Lieblingssorte und warum?
Die violette Syrah. Sie hat ein intensives erdiges Aroma, das schon fast in die Rote-Bete-Richtung geht. Außerdem sieht sie toll aus. Aber ich mag eigentlich all unsere Karotten, weil sie nicht so einheitlich aussehen, sondern sich so schön verwurzeln. Was ich überhaupt nicht mag, ist frühzeitig geerntetes Mini-Gemüse. Das ist dem Gemüse gegenüber nicht fair, weil es sich geschmacklich noch gar nicht entfalten konnte. Und wenn ich Mini-Karotten verwende, dann brauch ich drei pro Portion. Wenn ich sie weiterwachsen lasse, brauche ich nur eine und geschmacklich ist das auch besser.
Welche Gerichte hast du für die Transgourmet Kochwerkstatt zubereitet?
Karotte, Kiefer und Schönschnabel
Zur Karotte gibt es zum einen eine Kiefercreme. Die Zapfen haben wir im Frühjahr gepflückt und drei Tage lang bei 90 Grad gekocht. Die Harzsüße mit der Lakritznote der Creme passt wunderbar zur Möhre. Beides harmoniert sehr gut. Darüber Zwetschgen-Kapern, Schwarzenbeeren, Anis-Ysop, Bronzefenchel und Sauerklee. Der zweite Mitspieler ist Schönschnabel. Ein Moos, das wir selbst tief im Wald sammeln. Es wird angemacht mit ein bisschen Salz und Verjus und verleiht dem Gericht eine angenehme Meeresfruchtnote. Für die Soße verwenden wir fermentierte Shiitake-Pilze, die dafür stark reduziert werden, plus einen Schuss Holzkohleöl. Die Kiefernzapfen und das Schönschnabelmoos kommen aus unserem eigenen Garten, den Braumannswiesen, bzw. sind selbst gesammelt. Die Aromatik von beiden harmoniert wunderbar mit der Karotte.
Karotte, vergorener Apfel und Kürbiskernmiso
Für dieses Gericht habe ich an das Apfelmöhrengemüse gedacht, das meine Mama immer gemacht hat. Allerdings habe ich den Apfel separat zubereitet und dazu noch ein Kürbiskernmiso serviert, das selbst noch eine fruchtige Apfelnote hat. Die Karotte wird in Zwiebeljus glasiert. Dazu wird ein Kürbiskernmiso auf Gerstenbasis angesetzt. Es ist ein sehr junges Miso, das gerade erst drei Monate alt ist. Es hat daher noch ein bisschen Restsäure. Der Apfel wurde acht Wochen bei 60 Grad gegart. Ohne Gewürze. Er hat dennoch dieses unglaublich volle Eigenaroma wie von Bratapfel.
Welches Möhrengericht kann oder sollte sogar in die Gemeinschaftsverpflegung Einzug halten?
Ich bin ein großer Fan von Rohkost mit Schale. Das geht super in jeder Küche. Außerdem sollten wir wieder zurück zu guten Eintöpfen. Sie sind fast komplett von der Bildfläche verschwunden. Möhreneintopf mit Kartoffeln und einer guten Brühe – das macht glücklich, satt und ist gesund.



